Erweiterung Saarbrücken, Deutschland Jahr: 2024 Bauherr: Aufbaugesellschaft Saarbrücker Schloss mbH Auszeichungen: Realisierungswettbewerb Visualisierungen: Wannenmacher + Möller © |
Der Entwurf positioniert die neue Eingangshalle des Historischen Museums in westlicher Verlängerung des Bestandsgebäudes. Damit bildet der neue Baukörper das Pendent zu dem den Schlossplatz im Norden begrenzenden Café und trägt so nicht nur zur räumlichen Fassung des Schlossplatzes im Bereich zwischen Schloss und Parkplatz bei, sondern erhöht durch seine prominente Lage auch die Wahrnehmbarkeit und Auffindbarkeit des Eingangs ins Historische Museum. Dabei greift er die dem Historischen Museum zugrundeliegende Idee von der Krone der Stadtmauer auf und führt diese fort. Die Bedenken des Denkmal-schutzes hinsichtlich der Positionierung eines Baukörpers an dieser Stelle teilen wir nicht. Im Gegenteil: Durch die schlanke längliche Form des Museums wird in unseren Augen eine störende Wirkung, wie sie momentan durch die Dominanz der Frontfassade in unmittelbarer Nachbarschaft zur Vorderkante des Südflügels des Schlosses besteht, vermieden.
Neben der Errichtung des neuen Eingangsbaukörpers schlägt der Entwurf auch eine Überformung des Bestandsgebäudes vor, mit dem Ziel eines einheitlichen architektonischen Duktus. Äußerlich erkennbar wird diese Überformung durch den Rückbau des gewölbten Daches. Ein neues Dach verbindet Neu- und Altbau und schafft ein kohärentes Ganzes. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die Fassadengestaltung aus vorgeblendeten Vertikallamellen aus Aluminium. Diese sind in unregelmäßigen Abständen angeordnet, vor der Fassade des Altbaus sehr dicht zueinander, vor dem Erweiterungsbau in größeren Abständen, da diese hier gleichzeitig die Führungsschienen für den außenliegenden Sonnenschutz aus Senkrechtmarkisen beinhalten. Das Dach kragt an beiden Enden deutlich über die Gebäudehülle hinaus. So entsteht ein regengeschützter Bereich vor dem Haupteingang im Westen und einer vor der Anlieferung am anderen Ende des Gebäudes. Neben dem Haupteingang am westlichen Ende des Gebäudes gibt es für Besucher und Besucherinnen, die vom Schlossgarten kommen, einen weiteren Zugang von der Rückseite.
Das neue Eingangsgebäude ist als großflächig verglaster Baukörper konzipiert. Von innen bieten sich attraktive Blickbeziehungen auf das Schloss sowie die umliegende Bebauung und Außenträume. Durch Vorhänge lässt sich die Fassade variabel verdunkeln. Eine Akustikdecke aus Streckmetall sorgt für eine angenehme Raumakustik. Der Fußboden der Eingangshalle ist als schräge, die Neigung des Schlossplatzes aufnehmende Fläche mit einem Gefälle von circa 2 % ausgebildet, so dass der Übergang vom Platz zum Innenraum ohne Schwelle erfolgt. Das Eingangsgebäude erhält eine Decke aus Stahlbeton, die auf Rundstützen aus Stahl aufliegt. Der Aufzug dient als Aussteifungskern.
Im Bestandsgebäude wird die einläufige Treppe entfernt. Damit entstehen zusätzliche Ausstellungsflächen, die sich insbesondere im Erdgeschoss ohne räumliche Einschrän-kungen nutzen lassen. Der zylindrische Baukörper mit der Wendeltreppe und dem Aufzug wird in Teilen zurückgebaut: im Erdgeschoss und Obergeschoss ganz, in den beiden Untergeschossen bleiben lediglich Teile der äußeren Schalen bestehen. Eine neue zwei-läufige Treppe und ein Aufzug verbinden die vier Ebenen. Die Toiletten verbleiben im ersten Untergeschoss, werden aber baulich verändert. Erreicht werden sie wie auch die Garderobe über das Zwischenpodest der Treppe. In der Garderobe sind die Schließfächer in drei Reihen übereinander angeordnet. Die Empore steht für Wechselausstellungen und Sonderveranstaltungen zur Verfügung. Die neue Decke des Bestandsgebäudes ist ebenfalls aus Stahlbeton. Die Außenwände werden unverändert beibehalten. Die seitliche, der Anlieferung dienende Tür entfällt.
Die Beheizung des Eingangsgebäudes erfolgt über eine Fußbodenheizung, die Energie-versorgung durch den mit ausreichender Kapazität ausgestatteten Fernwärmeanschluss. Die Be- und Entlüftung erfolgt mechanisch, mit variablen, an die jeweilige Nutzungssituation angepassten Luftmengen. Dazu wird an die bestehende Zu- und Abluftanlage angebunden, die insgesamt eine Luftmenge von 18.400 cbm/m aufweist und in ihrer Kapazität nicht vergrößert wird. Im bestehenden Kanalnetz werden variable Volumenstromregler ergänzt, die die Luftmenge entsprechend des Bedarfs regeln. Auch im Erweiterungsbau wird an die bestehenden Kanäle angebunden. In die den Neubau versorgenden Stränge werden variable Volumenstromregler integriert, die die Luftmenge entsprechend des Bedarfs ausregeln. Bei Normalnutzung als Eingangshalle entsteht ein minimaler Lüftungsbedarf, bei Veranstaltungen ein höherer, der nur für diesen Zeitraum zu einer Reduzierung der Luft-menge in den anderen angeschlossenen Bereichen führt. Die Luftmenge und damit die Kapazität der vorhandenen Lüftungsanlage wird also nicht erhöht, vielmehr die vorhandene Luftmenge entsprechend des Bedarfs in der Bestands- und Erweiterungsfläche verteilt. Der Entlüftungsauslass der Burggrabenebene wird neu positioniert. Er rückt ein wenig weiter nach Südwesten und wird in die Stützkonstruktion des auskragenden Daches integriert.
Im Hinblick auf Nachhaltigkeit wird wie schon beim Bestand die Fernwärme als Energiequelle genutzt. Gleiches gilt für die Be- und Entlüftung, bei der auf vorhandene Ressourcen zurückgegriffen wird. Für die Stromerzeugung wird die Dachfläche des Gebäudes vollflächig mit Photovoltaikmodulen bedeckt. Durch ihre unterschiedlichen Abstände zur Dachhaut entsteht dabei gestalterisch der Eindruck eines gefalteten Daches.