Wannenmacher + Möller gewinnen den 3. Preis beim Realisierungswettbewerb "Dokumentationszentrum Garzweiler II
Mit dem Ausstieg aus dem Braunkohleabbau endet eine zeitliche Periode, die über mehr als 100 Jahre die Region des rheinischen Tagebaus geprägt hat. Die Braunkohle diente vor allem der Stromerzeugung und war damit ein wichtiger Faktor in der industriellen und wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands seit Ende des 19. Jahrhunderts. Die im Versailler Vertrag festgeschriebenen Gebietsabtretungen führten zum Verlust großer Steinkohlevor-kommen und katapultierten die Braunkohle in allen Industriezweigen zu einem unentbehrlichen Energiefaktor.
Mit dem Ende des Braunkohletagebaus und der Entwicklung der Tagebaufolgelandschaft wird aufgrund der damit einhergehenden Renaturierung von Garzweiler vor Ort bald nichts mehr an die vorbehaltlos einem technischen Denken untergeordneten anderthalb Jahrhun-derte erinnern. An die Fokussierung auf einen Technizismus, der mit der Industrialisierung die gesamte Wirklichkeit in Beschlag nahm und dessen Folgen anfänglich aufgrund eines kontinuierlichen Wegs zu ungekanntem Fortschritt und materiellem Wohlstand eindrücklich war. Mit dem großflächigen Tagebau ging jedoch eine einschneidende Landschafts-veränderung einher, da auch die Erdschichten oberhalb der zu fördernden Braunkohle abgetragen wurden. Neben der Zerstörung der Ökosysteme bedeuteten die daraus resultierenden Grubenfelder eine gravierende Störung der vorhandenen Siedlungsstrukturen, bei der ganze Ortschaften umgesiedelt werden mussten.
Der Entwurf will dem Vergessen dieses einzig am materiellen Wohlstand ausgerichteten Denkens entgegenwirken und das Dokumentationszentrum zu einem Ort machen, an dem dieser Zeitabschnitt dauerhaft in Erinnerung bleibt. Die Geschichte des Ortes allein durch die Ausstellungsinhalte des Dokumentationszentrums zu veranschaulichen, wäre aber zu wenig. Vielmehr sollte die Architektur des Gebäudes selbst eine Symbolkraft aufweisen, welche spontan Assoziationen zu dem hier anderthalb Jahrhunderte dominierenden Tagebau hervorruft. Aus diesem Grund ist das Gebäude in Analogie zu den riesigen Schaufelrad-baggern, in denen der auf Technik gegründete Fortschrittsglaube im Kontext des Braunkohletagebaus seinen prägnanten Ausdruck fand, durch ein betont technisches Erscheinungsbild gekennzeichnet.
Neben der Zeichenhaftigkeit der Architektur will das Gebäude aber auch ganz pragmatisch einen direkten Sichtbezug zum Tagebaurand bzw. zukünftigen Seerand ermöglichen. Zu diesem Zweck werden die verschiedenen Funktionen des Gebäudes auf 5 Etagen überein-andergestapelt. Den oberen Abschluss bildet dabei eine Aussichtsplattform, die einen weiten Blick auf die Folgelandschaft bietet. Seine vertikale Ausdehnung lassen das Dokumen-tationszentrum zudem zu einer Landmarke werden, die weit in das Umfeld ausstrahlt und das Gebäude schon aus großer Distanz erkennen lässt.